Studieren mit ADHS ? Meine 7 Strategien, wie ich das trotzdem schaffe!

Seit dem 6ten Lebensjahr hab ich die Diagnose ADHS. Dass ich mal studieren würde, hätte niemand für möglich gehalten. Es hat auch lange gedauert zu lernen damit richtig umzugehen, denn klassische Lernmethoden funktionieren für mich nicht...
Das erwartet dich im Beitrag:
    Add a header to begin generating the table of contents

    Meine Schulzeit mit ADHS

    Ich war schon immer ein “Verhaltensauffälliges” Kind. So sagte meine Grundschullehrerin nach kurzer Zeit, dass meine Eltern mich mal untersuchen lassen sollen. Einige Tests später lautet die Diagnose ADHS.

    Meine Kindheit und Jugendzeit war dementsprechend nicht einfach. Ständig hieß es “Was muss Janine ändern, um sich besser anzupassen”, “du bist zu faul”, “konzentrier dich halt mal”.

    Mit Medikamenten und jedes mal kurz vorm scheitern hab ich gerade so die Schule überstanden. Kaum vorstellbar, dass ich heute freiwillig und gerne studiere!

    Mit der Zeit fand ich heraus, was MIR half.

    Denn im Grunde bin ich ein wahnsinnig neugieriger Mensch, liebe es neues Wissen anzulernen. Warum also waren meine Noten damals so schlecht? 

    Nun, ich bekam nur Neurotypische Tipps, aber es braucht passende Lernmethoden die auf das lernen mit ADHS ausgelegt sind.

    Video schauen, statt Artikel lesen

    Du bevorzugst Videos? Dann schau dir den Beitrag gerne als Video auf meinem neuen Youtube-Kanal an.

    YouTube

    Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
    Mehr erfahren

    Video laden

    Und vergiss nicht zu abonnieren, dann bekommst du neue Videos über Selbstmanagement für Neurodivergente Menschen direkt mit!

    ADHS ist eine kognitive Erkrankung

    Es ist eine kognitive Erkrankung, die lässt sich nicht wegmachen, trainieren oder nur genug anstrengen. 

    Also braucht es Lösungen und Wege, die genau da ansetzen und mit all den Positiven und Negativen Seiten von ADHS umgehen.

    Chancengleichheit ?!

    Karikatur Chancengleicheit von Hans Traxler

    Mit dieser Karikatur hat Hans Traxler schon das Problem der “Chancengleichheit” gut erfasst. So erschien es jedem völlig logisch, dass man einen Elefanten, und einen Fisch nicht gemeinsam mit einem Affen daran vergleichen kann wie gut sie auf einen Baum klettern können.

    Warum also, erwartet man von Menschen mit ADHS, mit Neurotypischen Verhaltensweisen klar zu kommen und genau so zu funktionieren?

    Stärken ausbauen, Schwächen kompensieren!

    Ich fokussierte mich ab dieser Erkenntnisse auf die Ausbau meiner Stärken, und die Kompensation meiner Schwächen.

    Nachfolgend meine 7 wichtigsten Strategien für das studieren mit ADHS.

    Jedoch beachte bitte: Das was ich hier zeige, sind meine eigenen persönlichen Lösungen. Lass dich gerne inspirieren, nimm mit was für dich funktioniert, ABER ADHS ist bei jedem Menschen anders ausgeprägt. Nur weil etwas für mich funktioniert, muss es nicht für dich so klappen. 

    Wir sind alle unterschiedlich. Ich möchte dich motivieren, deinen ganz eigenen Weg zu entdecken, unabhängig was andere Menschen dir raten. 

    7 Tipps fürs studieren mit ADHS

    1. Das passende Studium finden

    Studium ist nicht gleich Studium. Und studieren mit ADHS ist ganz anders als für Neurotypische Menschen. Sagt sich so leicht, hätte ich aber gerne früher gewusst.

    Als ich erkannte, dass ich doch eigentlich gerne lerne, stürzte ich mich Hals über Kopf in ein Präsenzstudium. Ganz schlechte Idee!

    Ich hatte natürlich weiterhin meine bekannten Problemchen ohne Lösung und musste weiterhin zu festen Uhrzeiten an einem Ort sein und auf Kommando aufmerksam Frontalunterricht laufen. Kein Unterschied zur Schule früher und das ging somit gar nicht gut. 

    2 Semester später hab ich verzweifelt abgebrochen – erst mal gearbeitet und die Idee des Studierens eigentlich wieder vergraben. 

    Bis ich von der Möglichkeit eines Fernstudiums erfahren habe. Und dieses Konzept könnte für mich gar nicht besser sein. 

    Heute im Fernstudium bin ich total flexibel.

    Kann wann und wo ich möchte studieren. Kann ich auf meine psychischen und physischen Bedürfnisse Bedürfnisse Rücksicht nehmen und mein Studium an meine Tagesform anpassen. Ich muss mich nicht mehr in fremde Strukturen reinpressen, sondern kann selbst in meinem Flow sein.

    Bedürfnisse wahrnehmen, und danach handeln ist ein so wichtiger Fakt. Sich nicht verbiegen, lernen auf sich zu hören und machen was sich richtig anfühlt. Diese Freiheiten hat man im Fernstudium.

    Zusätzlich in meinem Fall der IU Fernstudium, kann ich sogar jedes Modul selbst planen und die Reihenfolge festlegen. Klausuren finden online statt 365 Tage im Jahr wann immer ich möchte. 

     

    Ein Schreibtisch mit 3 Bildschirmen und zusätzlich rechts einem Macbook Laptop. Eine Person tippt auf einer Tastatur.

    Bei der Wahl meines Studiengangs war mir wichtig, dass ich mir wirklich sicher bin, und es nicht nur ein Interesse von 3 Monaten ist. 

    Ich lies mir also wirklich Zeit, das war anstrengend und absolut gegen meinen Instinkt impulsiv zu handeln.

    Ich habe mit vielen Menschen darüber gesprochen, mehrere Beratungsgespräche bei der IU* geführt. Und als nach über 3 Monaten mein Interesse immer noch da war, endlich los gelegt. 

    2. Ablenkung vermeiden

    Schon früher haben mich kleinste Dinge aus dem Konzept gebracht. Ich lass mich von jeder Mücke ablenken, und heutzutage ist jede eingehende E-Mail, jede Push Notification purer Horror für meine Konzentration.

    Einfach auf nicht stören stellen war jedoch keine Option, zu groß die Angst davor ich könnte was wichtiges verpassen z.B. einen Notfall.

    Doch ich lernte die Technik für mich zu nutzen.

    So kann ich bei meinem iPhone gewisse Kontakte so aktivieren, dass sie auch bei Nicht stören mich kontaktieren können. 

    Ein iPhone, auf dem die Kontakteinstellungen zu sehen sind. Ein Kontakt kann eine Notfallumgehung aktiviert bekommen, so kann dieser auch bei Nicht stören den:die Nutzer:in kontaktieren.

    Des Weiteren gebe ich mir feste Zeiten, in denen ich dann alles abchecke.

    Zum lernen deaktivier ich radikal die offenen Programme.

    Außerdem gibt es tolle Apps wie z.B. Forest, bei dem wird ein virtueller Baum gepflanzt wenn ich konzentriert bin.

    Solche Gamifications helfen mir total!

    Da ich auch ziemlich empfindlich für Geräusche bin ist Geräuschunterdrückung sehr wichtig.

    Allerdings schmerzen meine Ohren wenn ich am Stück die selbe Form der Belastung z.B. Druck von Over-Ear Kopfhörer, oder Druck innen von in-Ears.

    Ich habe mir also in zwischen verschiedene Formen von Gehörschutz gehortet und kann so abwechseln. zu können.

    3 Arten von Gehörschutz liegen auf einem Schreibtisch. Links rote Apple Airpod Max, in der Mitte SilentLoops und rechts weiße Apple Airpod Pro.

    3. Stimming für Dopamin

    Innere Unruhe gehört bei mir zum Tagesprogramm.

    Ich hab zu viel Energie, zu wenig Dopamin. Gerade wenn es um stupides Lernen geht, brauch ich irgendetwas für meine Nerven. 

    Stimming ist dabei eine Verhaltensweise zur Selbstregulation durch motorische, visuelle oder auditive Reaktionen.

    Beispielsweise gibt es dafür Stimming-Toys wie Kauketten, Therapieknete, Squishies oder der bekannte Fidget Spinner. 

    Für mich ist es auch mein höhenverstellbarer Schreibtisch, um auch bisschen in Bewegung zu bleiben. Alternativ zum Bürostuhl nutz ich auch gerne den Swopper, so kann ich dynamischer sitzen.

    Ein Höhenverstellbarer Schreibtisch in weiß. Darauf befinden sich 3 Bildschirme, ein macbook Laptop, eine rose-farbene Unterlage mit Tastatur und Maus. Eine Hand von der linken Seite betätigt einen Knopf, der den Tisch hochfahren lässt.

    4. ADHS-gerechte Planung

    Am Anfang hab ich einfach irgendwas gemacht. An Pläne hielt ich mich eh nicht, warum also welche machen?

    Doch das endet im puren Chaos. Typisch für ADHS. 

    Ich lernte schmerzlich, wie ich immer alles auf den letzten Drücker gemacht habe, teilweise gar nicht wusste wann Deadlines sind. 

    Am frustrierendsten war für mich, auch keinen Fortschritt zu sehen, nicht zu wissen wo steh ich überhaupt. Im Fernstudium gab es plötzlich keine Lehrer:innen mehr die einem sagten was man lernen muss…

    Ich überwand mich und beschäftigte mich doch mit Planungsmethoden. Und ohne zu tief in die einzelnen Methoden einzusteigen, ein Problem hatten alle für mich gemeinsam:

    Ich besitze keinerlei Zeitgefühl!

    Wie soll ich denn planen, wenn ich gar nicht weiß wie lange etwas dauert? 

    Einfach auf die Uhrschauen, war für mich irgendwie abstrakt. 1. Darf ich das nicht vergessen auf die Uhr zu schauen und 2. Müsste ich dann nachdenken und rechnen wie viel Zeit vergangen ist. 

    Was mir half war ein visueller Timer. Der gibt mir ein Signalton wenn die vorher eingestellte Anzahl an Minuten vorbei sind. Damit konnte ich mir notieren wie lange ich überhaupt für etwas gebraucht habe.

    Ein visueller Timer in der Farbe coral. Eine Person stellt diesen gerade auf 20 Minuten ein. Ein Visueller Timer kann beim studieren mit ADHS helfen die Zeit nicht aus den Augen zu verlieren.

    Des Weiteren wollte ich nicht nur irgendwie was in meinen Kalender eintragen. Ich suchte also nach einem Art Guide, der mir durch die Planung half.

    Bei meiner Suche fand ich den Fernuni Planer, speziell fürs Fernstudium entwickelt hilft dieser den Überblick zu behalten. 

    Nachdem ich manchmal gerne digital und dann wieder mit Papier plane, hab ich einfach beide Planer (First World Problems).

    Nach bereits 3 Jahren Nutzung, kann ich guten Gewissens sagen, der Planer hat mir wirklich einiges erleichtert.

    5. Abwechslungsreiche Lernmethoden

    Lernen mit ADHS geht eigentlich ganz gut.

    Wir müssen halt Spaß daran haben und uns dafür interessieren.

    Nur, weil jemand anderes das möchte, das motiviert das ADHS-Gehirn nicht wirklich.

    Wer das selbst nicht kennt, kann nicht mitreden. Das ist nicht nur ein einfaches nicht wollen, sondern auch wirklich ein kognitives nicht können.

    Einem Menschen im Rollstuhl würdest du ja hoffentlich auch nicht sagen, du musst dich nur mehr anstrengen mit dem Laufen dann geht das, oder?

    Mir hilft also, die Freude und das Interesse an dem Thema zu haben und meine Module in der Reihenfolge zu bearbeiten wie sie mich interessieren. 

    Und wenn es einmal zäh wird, ist Abwechslung das A und O.

    Man sagte mir immer, ich müsse mich auf meinen Lerntypus festlegen, und für eine Strategie entscheiden. Das hab ich lange verinnerlicht und geglaubt. 

    Heute greif ich lieber aus einem großen Tool an verschiedenen Lernmethoden zurück und kann so die Abwechslung genießen, die ich brauche. 

    Wenn ich mich kreativ austoben will, kann ich Notizen ausgestalten, wenn es schnell gehen muss, tut es auch mal der Textmarker im Skript. 

    Ich bin der festen Überzeugung: Du musst dich nicht festlegen, du darfst jeder Zeit neu entscheiden was dir gerade hilft und auch was neues ausprobieren. Letzten Endes ist alles gut, was hilft damit das Gelernte im Gedächtnis bleibt. 

    6. Womit fang ich an? Priorisieren mit Punktesystem

    Für mich ist es sehr schwierig zu entscheiden, womit fang ich als erstes an.

    Zwar gibt es Methoden wie die Eisenhower Matrix, bei der Aufgaben nach Wichtigkeit und Dringlichkeit sortiert werden.

    ABER für mich ist immer ALLES ultra super wichtig und sowieso muss es sofort sein.

    Das ganze dann logisch gegliedert vor mir zu sehen, hilft mir. Und so entwickelte ich mir eine kleine Hilfe mit einer Art Punktesystem.

    Ich verteile Punkte, je nach zeitlicher Abhängigkeit oder den Grad des Einflusses. 

    Je näher die Aufgabe erledigt sein muss, umso höher die Punkteanzahl. Je öfter das Thema vorkommt, umso Klausurrelevanter das Thema usw.

    Am Ende hab ich eine Gesamtpunktezahl, und diese kann ich absteigend sortieren und habe für mich so meine anstehenden Aufgaben priorisiert.

    Für Neurotypische Menschen mag das nicht notwendig sein, doch mir hilft es den Prozess aufzuschreiben und so Schritt für Schritt durchzugehen.

    Ein iPad mit einer Notiz für ein Punktesystem zum Priorisieren von Aufgaben.

    7. Hyperfokus aktivieren lernen

    Vielleicht hast du vom Begriff Hyperfokus schon mal was gehört?

    Wenn du dich beispielsweise so in eine Sache hineinsteigern kannst, dass die Umgebung völlig ausgeblendet ist.

    Entgegen dem Klischee, dass ADHSler:innen es an Konzentration mangelt, fällt es eher schwierig Konzentration bewusst herbeizuführen.

    Der Hyperfokus ist dabei ein Zustand starker tiefster Konzentration, den insbesondere ADHSler:innen als besondere Fähigkeit gut haben können.

    Wie dieser aktiviert wird ist sehr individuell.

    Zuvor ich mich bewusst damit beschäftigt habe, war ich ziemlich abhängig von meinem Gehirn. Mein Gehirn entschied, wann es jetzt in den Hyperfokus rutschen möchte.

    Ich nahm es an wie es kam und ging und richtet mich danach aus.

    Mit der Zeit lernte und lerne ich meine Auslöser kennen. Jetzt kann ich üben, diese bewusst zu setzen. 

    Das ist ein bisschen wie Muskeltraining. Es dauert bis man den Dreh raushat. Und je stärker man wird, umso leichter wird es.

    Aber Achtung: Es gibt auch negative Seiten. Durch den Hyperfokus kann es auch passieren, dass man die Zeit ganz vergisst und auch physische Grundbedürfnisse ignoriert / vernachlässigt. 

    So ist es gut, auch Methoden wie z.B. die Promodore Technik anzuwenden, um gezielt Pausen nach einem Intervall zu machen.

    Ja ich steh leider auch etwas auf Kriegsfuß mit Pausen, da sie mich total rauswerfen. Dafür hab ich auch noch keine Lösung um ehrlich zu sein. Aber die körperlichen Symptome ohne Pause, sind schlimmer als das wieder ins Tun reinkommen.

    Ich denke insgesamt ist es immer eine Frage von Maß und Ziel.

    Die häufigsten Fragen zum Studium mit ADHS

    ADHS ist bei jedem Menschen anders ausgeprägt.

    Somit gibt es ganz unterschiedliche Arten von Leben und Erleben, von Lernen, Handeln und Denken.

    ADHS ist weder ein pauschales ja, noch ein pauschales nein für ein Studium. 

    Das kommt ganz auf die individuellen Bedürfnisse an.

    Manche Menschen mit ADHS benötigen strikte Vorgaben, Strukturen, Menschen die sie an die Hand nehmen. Da eignen sich ein Präsenzstudium mit Unterstützung ganz gut.  

    Andere wiederum, wollen lieber selbst entscheiden wann und was sie lernen. Da ist dann eher ein Fernstudium geeignet.

    Insgesamt ist es häufig gut, wenn der Studiengang nicht nur berufliche Ziele verfolgt sondern auch persönliche Interessen abdeckt. So fällt das Lernen leichter. 

    Je nach Ausprägung und persönlichem Leben und Erleben mit ADHS, kann man mit ADHS für einen Nachteilsausgleich berechtigt sein.

    Dafür benötigt es ein ärztliches Attest.

    Bitte informiere dich dazu bei der jeweiligen Universität / Hochschule.

    Newsletter
    Verpasse keinen Blog-Beitrag, nimm Teil an Events & erhalte Zugang zur Freebie-Bibliothek. 
    Picture of Janine Bianca
    Janine Bianca
    Hi, ich bin Janine-Bianca, multipassionierte Fernstudentin, Gründerin und Bloggerin. Ich helfe Neurodiversen Menschen mit optimierter Organisation und effizienter Struktur (alle) Passionen leben und lieben zu können.

    Schreibe einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert